Ich über mich
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Hallo, erst mal.
Ja, was kann ich über mich sagen ?
Mein Leben war bis zu meiner Krebserkrankung ziemlich rasant und nie langweilig.
Ich bin Baujahr 1953 (ein guter Jahrgang). Hatte in Hannover eine schöne Kind- und Schulzeit. Erlebte die sagenhaften 70er Jahre mit langen Haaren und bunten Klamotten, Rock, Pop, ABBA und Disco. Ich war verheiratet (sogar zweimal) und habe einen erwachsenen Sohn, den ich ein paar Jahre allein erzog. Ich hatte sogar mal eine Katze. Hatte viele Freunde und Kumpels.
Ja, wie gesagt, hatte.
Ich bin viel rumgekommen und habe viele Menschen kennen gelernt. Ich habe viel erlebt. Meine Jobs brachten das so mit sich. War ich doch mehr oder weniger von meinem 19. Lebensjahr als Fahrer unterwegs.
Zu Anfang als Fahrer auf Lieferwagen. Au Mann, was habe ich alles gefahren. Teppichböden, Autoreifen, Küchenmöbel, Gasflaschen, Mehl und Zuckersäcke. War sogar mal Bierkutscher. Dann fast 5 Jahre als Taxifahrer am Flughafen in Hannover. Das war eine tolle Zeit. Vom Penner bis zum Multimillionär und prominente Leute (Boney M, die Scorpions, Roberto Blanco, Jill Sander um nur einige zu nennen) habe ich durch die Gegend gekutscht.
Danach 3 Jahre in einer Luftfracht-Spedition als 50 Km-Rutscher mit einem kleinen Lastwagen. Und dann 8 Jahre die Formel 1 der Fahrer, Fernfahrer europaweit mit 40 t am Hintern.
Noch dazu in einer Firma, die interessanter nicht sein konnte. Ich arbeitete bei der
Prakla-Seismos, einer Firma, die überall auf der Welt nach Öl und Gas suchte und hierfür die Vermessungen vornahm. Und ich versorgte mit dem Truck die Trupps in Europa mit Material.
Das war erste Sahne. Holland, Schweiz, Italien und all die anderen Länder, wo ich war. Und der Clou, ich konnte im Hotel übernachten. So kamen im Laufe der Jahre an die 200 Pensionen und Hotele zusammen, wo ich übernachtet habe.
Jede Fahrt war ein kleines Abenteuer. Wurde doch nicht wie üblich an irgendwelchen Rampen be- und entladen. Nein, es wurde mitten in der Botanik gearbeitet. Hoch in den Bergen oder tief in einem Wald. Oder auch mal auf einer Weide mit Kühen. Es kam auch vor, das die Ware direkt von einem Helikopter, der dann einige Meter über der Ladefläche schwebte, ab- oder aufgeladen wurde. Das Wetter spielte keine Rolle. Ob Eis und Schnee oder Regen und Gewitter.
Manche Leute sind der Meinung, das der Job als Trucker der schönste Job der Welt ist. Das man frei ist. Immer wo anders. Immer wieder was neues erlebt. Diese Leute haben ja so was von recht. Auch wenn der Job hart, stressig und gefährlich ist und man oft allein ist.
Endet er doch häufig in einer kaputten Ehe. Wie auch bei mir.
Aber wenn man mich fragt, ich würde es immer wieder machen.
Irgendwann war Schluss mit der Fahrerei. Von Heute auf Morgen brauchte ich nicht mehr zu fahren. Mein Chef stellte mich vor die Wahl. Entweder ab ins Büro oder kündigen. Ich ging widerwillig ins Büro. Jeden Morgen um 7 Uhr anfangen und um 16 Uhr Feierabend. Pünktlich um 12 Uhr Mittag. Jedes Wochenende zu Hause. Was für eine Umstellung. Keine Staus, immer die selben (zwar netten) Gesichter, immer der selbe Trott. Ich habe über ein Jahr gebraucht, um mich daran zu gewöhnen.
Nach dem eine amerikanische Firma die Prakla fein säuberlich zerlegt hatte (von über 1800 Mitarbeiter auf 0 Mitarbeiter in 5 Jahren) hab ich dann irgendwann 3 Jahre in einer Maschinenfabrik als Magaziner Schrauben gezählt.
Als die mich nicht mehr haben wollten und mich rausgelinkt hatten, war das Arbeitsamt der Meinung, ich müsste unbedingt an einer Qualifikationsmaßnahme teilnehmen. Also machte ich ein Jahr Schulung und legte dann eine Prüfung als "Handelsobersuperfachlagerfutzi" vor der Handelskammer ab. Hätte ich im Fach Politik besser aufgepasst, dann hätte ich sogar eine eins als Note bekommen. Nun hatte ich mit über 50 noch einen richtigen Beruf mit Gesellenbrief.
Geholfen hat´s mir aber auch nicht. Ich war immer noch arbeitslos.
Ich erinnerte mich daran, was ich am besten kann. Na fahren. Ich besserte also mein Arbeitslosengeld in einem Kurierdienst auf. Ich fuhr zwar nur einen kleinen Kombi, aber ich war wieder im Verkehr und es machte Spaß.
Bis im November 2005 ein Arzt zu mir die bösen Worte sagte: "Sie haben Darmkrebs". Damals wusste ich noch nicht, das von meinem bis dahin gelebten Leben nicht mehr viel übrig bleiben sollte.
Ich wurde sofort operiert, musste 4 Monate mit einem Beutel am Bauch leben und kann seitdem nicht arbeiten. Ich rutschte mit einer Geschwindigkeit, die an Ferrari erinnerte, in die sagenhafte Hartz IV Welt und dann in die Erwerbslosen-Rente.
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