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Mit Ecky nach Österreich
 
Der LKW war fertig beladen. Eine schöne Tour nach Österreich stand mir bevor. Wenn man davon absah, das ich diesen komischen Container-Anhänger mitschleppen musste. Das war aber auch ein Unikum. Erstens hatte die Lafette kleine Reifen und der Container darauf entsprach keiner einzigsten normalen Norm. Dazu war das Ganze auch noch auf jeder Seite fast 10 cm schmaler wie der LKW. Man sah das Ding kaum in den Rückspiegeln. Und wenn es ans rangieren ging, dann war das eine einzigste Qual. Wenn man den Anhänger im Spiegel auftauchen sah, dann war es auch schon zu spät zum korrigieren. Nun ja, man kann nicht alles haben.
 
Diesmal sollte auch noch was ganz besonderes sein. Ich sollte dieses Mal nicht allein fahren. Unser neuer Fahrer hatte das große Glück, sich die Geheimnisse des österreichischen Zolls von mir zeigen zu lassen. Wieso eigentlich immer ich???
 
Da fiel mir wieder ein, wie ich damals angefangen habe. Mich haben sie ins kalte Wasser geworfen. Ich bekam damals einen riesigen Stapel Zollpapiere in die Hand gedrückt und dann musste ich allein los nach Holland. Keiner der mir irgendwas erklärte oder der mir die Tricks am Zoll verraten hat.
 
Nun, Ecky, so hieß unser neuer Fahrer, sollte es leichter haben und ich sollte meinen Spaß bekommen.
Ja, an jeder Grenze gab es Besonderheiten. Keine Grenze war gleich. Und was an der einen Grenze funktionierte, das ging woanders gar nicht. Na und die Österreicher standen in meiner Beliebtheitsliste sowieso ganz oben.
Aber erst mal lagen reichlich Kilometer vor uns.
Ich kannte zwar den kleinen Ecky, wusste aber nicht wie er mit einem Anhängerzug klar kam. Sicher, er hatte schon LKWs gefahren, er war aber noch nie über mehrere Tage unterwegs gewesen und schon gar nicht im Ausland.
Es war ein schöner Tag. Das Wetter war super und was ich in den Verkehrsnachrichten gehört habe, klang nach freier Fahrt zumindest bis Hessen.
Ich war, wie immer als erster in der Firma und verstaute meine Reisetasche im Wagen. Den üblichen Check würde ich mit Ecky zusammen machen. Mal sehen, wo er so drauf achtet oder auch nicht.
 
Ich saß, wie immer vor einer Tour, im Büro und ordnete meine Papiere. Es waren diesmal nicht viele, denn wir mussten nur ein paar Gitterboxen nach Wien bringen. Also würde die Einreise nach Österreich nicht so kompliziert werden. Erst auf der Rückfahrt sollten wir in Mariezell diverses Material vom Trupp abholen.
Ich will noch erwähnen, das Ecky schon lange davon geträumt hat, das er Fernfahrer sein kann. Ich kannte ihn nur als Wagenwäscher mit Gummistiefel und dreckigen Klamotten aus der Waschhalle. Aber er war ein netter, lustiger Kerl und passte gut in unserer Truppe. Deshalb setzte ich mich auch ein, als es hieß: „Wir brauchen einen neuen Fahrer“. Ich sollte recht behalten. Er brachte uns viel Spaß.
 
Es war 7:00 Uhr. Die Tür zur Halle ging auf und unser Ecky trat an zu seiner ersten Tour ins Ausland. Ich und auch meine Kollegen aus dem Versand konnten sich ein Lächeln nur schwer verkneifen.
Da stand er nun mit einem Grinsen im Gesicht. Das ganze Klischee von einem Trucker vereint in Ecky. Eine heftig grüne Truckerjacke von MAN (wir fuhren IVECO), ein riesengroßes Portomonaise mit einer noch größeren Kette, die das Ding mit seine Hose verband. Auf dem Kopf eine Truckerkappe. Es fehlten nur noch die Kuhfell bezogenen Clocks. Aber die würde er sich sicherlich in irgendeiner Raststätte noch zulegen. Ecky fing an, seinen Traum zu leben.
 
Wir machten unseren LKW-Check und koppelten den Würfel, so nannte ich den Anhänger, an. Dann noch schnell in die Kasse und Reisegeld holen und dann ging die Post ab. Up on the Road.
Ecky übernahm die ersten vier Stunden und nach einiger Zeit war ich auch beruhigt, denn Ecky fuhr einen besonnenen Stil. Ich lehnte mich zurück und konnte mal in aller Ruhe die Landschaft genießen. So kamen wir ohne große Zwischenfälle zügig Richtung Bayern und unserem Ziel Österreich entgegen.
 
Dadurch, das wir wechseln konnten, kamen wir bis hinter München. Es war schon sehr spät und dunkel. So entschied ich, das wir in Irschenberg an der Raststätte übernachteten. Keine große Suche nach einem Hotel, denn normalerweise fuhr ich von der Autobahn ab und suchte mir in irgendeiner Ortschaft ein kleines und preiswertes Hotel zum Übernachten. Aber es war schon 22 Uhr und ich wollte nicht in der Dunkelheit mit einem Anhängerzug nach einem Hotel suchen.
Um Kosten zu sparen, nahmen wir uns ein Doppelzimmer. Und so erfuhr ich, das unser Ecky mitten in der Nacht aufstand um ein oder zwei Zigaretten zu rauchen und dann wieder weiter schlief. Was für eine komische Angewohnheit. Na ja, jedem seine Macke.
Ich ließ Ecky am nächsten Morgen den LKW bis zur Grenze fahren. Als Salzburg auftauchte, wurde er dann doch ein bisschen nervös. Die vielen LKWs und Schilder. Welche Spur. Wo hin. Aber ich erklärte ihm dann alles und wir brauchten auch nicht lange in der Abfertigung, um unsere Fahrt wieder aufzunehmen.
 
Da der Anhänger leer war, kam ich auf eine gute Idee. Anstatt erst nach Wien und dann nach Mariezell zu fahren, entschied ich mich für die Variante, erst nach Mariezell zu fahren und den Anhänger schon mal zum beladen abzustellen und dann mit der Solomaschine nach Wien zu fahren. Also gedacht und getan.
 
Gleich hinter der Grenze fuhren wir auf eine Raststätte und ich rief den Truppchef in Mariezell an. Ich teilte ihm meinen Plan mit und er fand die Idee gut, denn am nächsten Tag würde in Österreich ein Feiertag sein und wir dürften eh nicht fahren. Er teilte mir noch mit, das er für uns je ein Hotelzimmer reserviert hat und welche Strecke wir nehmen sollten. Als ob ich nicht wüsste, wie man nach Mariezell kommt.
 
Nun, die Strecke die er mir mitteilte, würde ich zwar so nicht nehmen, aber er sollte es ja wissen. Wir fuhren also los. Die Autobahn bis Amstetten und dann quer durch die Karpaten über Landstraßen Richtung Mariezell. Es ging in die Dämmerung und es fing an zu Regnen. Klasse. Ich saß auf dem Beifahrersitz und schlummerte vor mich hin, als Ecky meinte: „Das glaub ich nicht, da kommt uns eine Lokomotive entgegen.“. Jetzt spinnt er total, dachte ich und sah nach vorn. Doch in der Tat. Es kamen uns drei Lichter entgegen. Durch den Regen und der einbrechenden Dunkelheit und durch die Führung der Straße sah es tatsächlich so aus, als ob uns eine Lokomotive genau entgegen kam. Die Straße und die Schiene trafen sich genau an einer Kurve. Es sah schon merkwürdig aus. Es wurde jetzt echt Zeit zum Feierabend machen.
 
Noch gute 30 Km und wir haben es geschafft. Wir wechselten noch einmal. Irgendwann ging es dann links ab und ich quälte mich mit dem Zug immer höher in die Berge. Eine Kurve nach der anderen. Immer steil nach oben. Was hat der mir nur für einen Weg genannt. Der Regen nahm auch noch zu. Es goss in Strömen. Es war schon wieder fast 22 Uhr, wir waren müde und ich hatte echt keinen Bock mehr.
 
Da tauchte ein Schild im Scheinwerferlicht auf. „Mariezell 16 Km“. Na endlich Feierabend war mein Gedanke. Dann tauchte nach zwei Kurven das nächste Schild. „22% Gefälle“. Ui, dass iss mächtig, war mein erster Gedanke. Und dann tauchten wieder zwei Schilder auf, welche mich zum grübeln brachten. Sie bedeuteten nämlich „12 t“ Höchstlast und „Anhängerverbot“. Das konnte doch alles nicht war sein. Ecky meinte leise: „Da dürfen wir ja gar nicht weiter“. Supererkenntnis. Und um das Ganzen die Krone aufzusetzen leuchtete im Scheinwerferlicht noch ein großes Schild auf. Da stand „Die Steiermark - ein schönes Stück Österreich“. Wollen die uns veralbern?
 
Es tat sich plötzlich rechts ein großer Platz auf. Ein Hotel (welches natürlich geschlossen war) mit einem großen Parkplatz. Links ging es nach nirgendwo und geradeaus durften wir nicht weiter, da Anhängerverbot und 12t. Eigentlich würde ich keine Rücksicht nehmen auf so ein blödes Schild und weiterfahren. Aber Angesichts 22% Gefälle, den strömenden Regen und der Dunkelheit bekam ich doch Zweifel.
 
Da standen wir nun. Ein paar Kilometer vorm Ziel. Ich wurde richtig sauer. Ecky meinte: „Komm lass uns einfach fahren.“ Ich sagte nur: „Die stellen nicht umsonst Schilder an die Straße. Wer weiß, was das für eine Strasse ist.“ Umdrehen und einen anderen Weg nehmen, hatte ich aber auch keine Lust zu. Also beschlossen wir den Anhänger erst mal auf den Parkplatz zu deponieren und dann mit der Maschine den Berg runter zu fahren. Gesagt, getan. Wir hängten den Anhänger ab und wurden klatsch nass, so regnete es.
 
Es ging wirklich steil den Berg runter. Eine Kurve nach der anderen. Eine kleine Brücke tauchte auf. Die war nur für 12 t zulässig. Und die breite der Straße ließ auch keine Wünsche offen. Au Mann, wie kriegen wir nur unseren Anhänger hier runter. Egal. Erst mal Feierabend mit einem schönen Bier. Ich werde dann morgen darüber nachdenken.
Wir brauchten auch nicht lange nach dem Hotel zu suchen. Es lag ein bisschen außerhalb von Mariezell.
 
Es war echt gediegen und der Schankraum urgemütlich. Ich als Formel 1–Fan sah gleich die Bilder von Gerhard Berger, dem Rennfahrer. Es stellte sich raus, das er hier öfters einkehrte. Nachdem wir uns geduscht und umgezogen hatten, gingen wir in den Schankraum. Morgen war Feiertag und wir konnten ausschlafen. Also stellte ich mich auf einen feuchtfröhlichen Abend ein. Nachdem wir gut und reichlich gegessen hatten, bestellte ich für uns beide je einen halben Liter. Der Wirt nickte, nahm sich zwei Gläser und verschwand mit ihnen. Etwas irritiert schaute ich zu Ecky. „Vielleicht rennt er ja zur Brauerei und holt das Bier ganz frisch“, kam von Ecky ein Spruch. Wir überlegten noch, da kam der Wirt mit zwei vollen Gläsern an und meint: „Zum Wohl, die Herren“. Irre, dachte ich. Wo hat der die nur hergeholt. Also, zwei kräftige Schluck und das Ganze noch mal. Ich bestellte wieder zwei Bier, der Wirt schnappte sich wieder zwei Gläser und verschwand wieder. Nach ein paar Minuten kam er wieder mit den Bieren. Ich wollte es einfach nicht so richtig begreifen. Wo zum Teufel holte er das Bier her?
 

 

Da hat der Mann einen Tresen und holt das Bier von weiß ich nicht wo. Nun wollten wir es aber wissen. Ich rief dem Wirt quer durch die Kneipe zu: „Du, sag mal. Woher holst du denn immer das Bier“. Die vier anderen Gäste lachten und der Wirt kam auf uns zu. Er meinte: „Na, denn kommt mal mit“. Wir gingen durch eine Tür zwei, drei Stufen abwärts und kamen in ein felsiges Gemäuer. Dort lagen drei Fässer mehr oder weniger in einem Wasserbecken. Doch das kuriose dabei war, durch eine Öffnung in der Wand floss das Wasser eines Baches quer durch das Gemäuer, umspülte die Fässer und floss dann durch eine andere Öffnung wieder raus. „Immer optimale Temperatur und kostet keinen Pfennig“ meinte der Wirt. Ein Bach, der die Kühlung übernahm. Einfach genial dachte ich. Na, darauf noch ne Runde Bier. Als wir wieder saßen und wir mit dem Wirt anstießen, kam die nächste Überraschung. Er schnappte sich den halben Liter, setzte an und binnen von Sekunden stand das leere Glas wieder auf dem Tisch. Ich hatte ja schon Schlucklöwen kennen gelernt, aber der hier brachte mich zum Staunen. Er bemerkte mein Staunen und zeigte mit einem Lächeln auf eine Urkunde, die an der Wand hing. Es war eine Siegerurkunde in einem besonderen Wettbewerb. Er war der schnellste Biertrinker von Österreich. Einen halben Liter in sage und schreibe 2,3 Sekunden. Ich wusste gar nicht, das es Meisterschaften im Bierschnelltrinken gab. Nun, es wurde noch ein feuchtfröhlicher Abend mit viel Spaß.
 
Da am nächsten Tag Feiertag war, schliefen wir erst mal aus.
Das gefiel Ecky. Einen freien Tag, nicht arbeiten und trotzdem kassieren. War ja klar, das wir den Tag als Überstunden auf „Stand by“ verbuchten. Wir begannen den Tag mit einem Frühschoppen, dann ärgerten wir unsere Kollegen in Hannover mit einem Anruf, denn die mussten ja arbeiten und genossen den Tag mit nichts tun.
 
Beim Abendessen sagte ich zu Ecky, das er beim Auslosen verloren hat. Er sollte den Anhänger am nächsten Morgen vom Berg runter fahren. Also, nicht zu spät in die Falle, denn wir wollten sehr früh, bevor die Polizei auf Tour geht, diese Fahrt hinter uns haben. Morgens um halb 6 Uhr fuhren wir hoch zu unserem Anhänger. Auf dem Weg dorthin gab ich Ecky noch ein paar Tipps in Bezug auf bremsen und schalten bei 22% Gefälle, denn er war noch nie mit einem Anhänger in den Bergen unterwegs gewesen. Irgendwann ist immer das erste Mal.
Nachdem wir unseren Anhänger angekoppelt hatten und endlich losfahren wollten, sagte ich noch Ecky: “Siehst du meinen kleinen Finger?“. Er nickte, während ich meinen kleinen Finger in den Türöffner steckte. Er schaute ein wenig ungläubig. Ich sagte dann zu ihm: “Wenn mir die Drehzahl des Motors oder die Geschwindigkeit irgendwie nicht mehr gefällt, werde ich die Tür öffnen und bevor ich abspringe, wirst du noch ein nettes -und tschüss- von mir hören“.
Aber er meisterte den Rutsch ins Tal echt gut. Auch wenn er ganz schön ins Schwitzen kam, denn es wurde ganz schön eng an der Brücke und in manchen Kurven. Es kam uns auch keiner entgegen, was echt zu einem Problem geführt hätte.
 
Wir waren gerade wieder auf eine erlaubten Straße abgebogen, als uns in dieser frühen Stunde das erste Auto entgegen kam. Ecky meinte nur: “Das nenne ich Glück“. Oh ja, nickte ich zurück, denn es war die Polizei. Wenn die uns bei unserer Talfahrt entgegen gekommen wären, hätten wir so was von einem Ticket bekommen.
 
Wir stellten den Anhänger im Trupp zum beladen ab und machten uns mit der Maschine auf den Weg nach Wien. Ich hatte ein unwohles Gefühl dabei, das der Anhänger ohne mein Beisein beladen wurde. Ich sollte recht behalten. Aber dazu später.
Die Fahrt nach Wien verlief ohne Zwischenfälle. Wir genossen die Fahrt durch Wien und Ecky war ganz Happy. Wien, Paris, Mailand, Amsterdam, das war es. Das war das Leben was er sich wünschte. Ehrlich gesagt, ich mochte dieses Leben auch.
 
Es war gegen 18 Uhr, als wir wieder zurück nach Mariezell in unser Hotel kamen. Am nächsten Morgen beluden wir im Trupp noch die Maschine und koppelten den schon fertig beladenen Anhänger an. Er war wiedererwarten gut beladen worden. Was in den Trupps nicht so selbstverständlich war. Deshalb mein komisches Gefühl, nicht dabei gewesen zu sein.
Doch als ich den Berg an Zollpapieren durchging, fiel mir gleich auf, das auf dem Anhänger zwei Gitterboxen mit Material standen, die in den Papieren überhaupt nicht auftauchten. Und einige Zollpapiere waren auch nicht in Ordnung. Der Truppführer meinte nur, dass das bei der Masse an Material gar nicht auffallen würde. Na Super. Nicht genug, das ich zwei Paletten mit Schmuggelgut auf meinem Wagen hatte. Nein, sie standen auch noch fein sichtbar direkt an der Tür des Anhängers. Das würde wieder eine Zitterparty am Zoll geben. Aber auch das sollte Ecky ja lernen. Wie schmuggele ich Material ohne Papiere über die Grenze. Und wie lüge ich die Zöllner an, ohne rot zu werden. Ja. Es kam häufig vor, das wir irgend welches Material geladen hatten, wo keine Zollpapiere mehr existierten. Dann erzählte man den Zöllnern irgend welche Geschichten. Die waren manchmal richtig haarsträubend, aber bei mir klappte es immer. Ich habe es immer irgendwie geschafft.
 
Und noch waren wir ja nicht an der Grenze. Also fuhren wir erst mal los.
Die Landstrasse bis zur Autobahn ließ ich Ecky fahren, wusste ich doch, das die Strecke sehr kurvenreich verlief. Und Ecky konnte das Bergfahren ausgiebig üben. Hihi.
Nach kurzer Zeit und ein paar Kurven später fragte mich Ecky: “Was bedeutet eigentlich dieses kleine grüne Schild, wo „Kehre 26“ draufsteht? Kaum hatte er die Frage gestellt, tauchte die nächste Kurve auf mit dem nächsten kleinen grünen Schild „Kehre 25“. Da begriff auch Ecky, das er bis zur Autobahn noch viel am Lenkrad kurbeln müsste.
 
Kurz vor der Autobahn machten wir Mittag und danach setzte ich mich wieder ans Steuer. Wir rollten mit 85 Km/h auf der Autobahn der Grenze Richtung Heimat entgegen, als Ecky meinte:
„Du musst mir noch zeigen, wie das Führerhaus geklappt wird“. Ich schaute ihn ein wenig ungläubig an und meinte: „Willste fahren oder Führerhäuser klappen“ und lächelte ihn an. Kaum hatte ich es ausgesprochen, da passierte es.Ich musste gerade einen halben Gang runterschalten, als plötzlich kein Gang mehr reinging. Nichts ging mehr. Die Drehzahl fiel ´schlagartig in den Keller, und der Motor ging aus. Was für ein Schock.
 
Leichte Panik kam bei mir auf. 38 Tonnen rollten ohne Motorkraft und ohne Lenkhilfe mit 70 Km über die Autobahn. Blitzschnell drehte ich den Zündschlüssel, damit der Motor wieder ansprang und ich wieder die Lenkhilfe hatte. Einen Gang bekam ich nicht mehr rein. Ich sah eine Ausfahrt auf mich zukommen. Also, schnell den Blinker gesetzt und rollender Weise in die Ausfahrt, runter von der Bahn. Und schön vorsichtig die Bremse getreten. Nachdem ich den Zug zum stehen gebracht hatte, sagte ich zu Ecky, den Schreck noch in den Gliedern: „So, und nun zeige ich dir auch noch, wie man dieses scheiß Führerhaus klappt.“ Denn der Gangsplitter, das Problem dieses Schlamassels, war so angebracht, das man das ganze Führerhaus nach vorn klappen musste. Es war eine Arbeit, die ich ungern machte, musste man doch alles was so im Führerhaus rumstand und lag, rausräumen.
 
Nach einer guten halben Stunde war das Problem mit einem gezielten Schlag mit dem Hammer auf das Ventil zu Mindestens bis nach Hause gelöst. Die halben Gänge konnten wir vergessen, aber wir konnten weiter fahren. Uns blieb die Werkstatt erspart. Da sollten sich unsere Mechaniker in Hannover drüber her machen.
 
So fuhren wir Richtung Braunau. Ich wählte mit Absicht den kleineren Grenzübergang. Hatten wir doch immer noch das Problem mit dem Schmuggelgut und einigen Zollpapieren.
Es war kurz vor 16 Uhr, als wir uns der Grenze näherten und ich ein paar Kilometer vor der Grenze einen Parkplatz ansteuerte. Ecky stutzte und fragte, warum ich jetzt noch anhalte. Ich erklärte ihm, das wir erstens zwei Paletten Schmuggelgut drauf hatten und das unsere Zollpapiere auch nicht so astrein waren. Doch da ich wusste, wann an der Grenze Schichtwechsel war, warteten wir, so das wir genau zum Schichtwechsel an der Grenze waren. Entweder wir bekamen Beamte, die schon den Feierabend sahen oder die neue Schicht, die noch nicht ganz bei der Sache waren.
 
So fuhren wir gegen 18 Uhr vors Zollgebäude. Bewaffnet mit unseren Tachoscheiben, den Fahrzeugpapieren und einen mächtig großen Berg Zollpapiere betraten wir die Abfertigung. Für Ecky begann eine neue Lernphase. Die richtige Reihenfolge der vielen Schalter, das ausfüllen des Laufzettels und diverser Papiere. Das war für ihn alles Neuland. Aber das nächste mal würde keiner dabei sein um ihm zu helfen.
 
Das Leichteste sollte die Geschichte mit den Tachoscheiben und den gefahrenen Kilometern werden. Dachte ich. Doch mein Erstaunen war mal wieder groß, als mir der Beamte eröffnete, das ich Straßengebühren nachzuzahlen hätte. Durch die Umgestaltung der Tour kamen nach denen ihrer Rechnung 150 Km mehr raus, als wir bei der Einreise angegeben hatten. Also zahlen und lächeln. Ja, die Österreicher lassen sich jeden Kilometer bezahlen. Da haben die sich sogar Bücher mit Km-Entfernungen ausgedacht.
 
Doch nun kam die schwerste Aufgabe. Die Zollpapierabfertigung.
Ich sagte Ecky noch mal, er solle gut zukucken und keine dummen Sprüche ablassen. Denn ich kannte eigentlich keinen einzigsten Zollbeamten, der Spaß vertrug. Wir standen nun vor dem Zollschalter und Ecky baute den großen Stapel mit Papieren auf den Tresen. Ich stand hinter ihm und wartete auf die Reaktion des Beamten hinter dem Tresen. Er sah von seinem Tisch auf, erblickte den Stapel Zollpapiere und dann kam die Reaktion, die ich erwartet hatte. Er warf seinen Kugelschreiber weg und meinte: “Na Servus, die Schicht fängt ja gut an.“ Wir machten uns dann gemeinsam daran, den Stapel abzuarbeiten. Und wie richtig vermutet, machte der Beamte überall seine Stempel drauf, ohne groß zu lesen was er da abstempelt. So gingen auch die nicht so astreinen Papiere in dem Haufen einfach mit durch. Fast waren wir durch, als ein anderer Beamte auftauchte und sich ein paar von den Papieren griff. Mir schwante Böses.
Er legte sie auf den Tresen und meinte: “Diese Sachen wollen wir uns mal ansehen.“ Na Super, eine Beschau der Ware auf dem LKW. Ecky sah mich hilfesuchend an und mein Gehirn arbeitete wie wild. Ich sah aus dem Fenster. Es regnete in strömen und es war dunkel draußen. Ich schaute auf die Papiere und meinte so gelassen wie es nur ging: „Ok, dann schnappen sie sich mal ihre Taschenlampen und die Regenjacken und dann krabbeln wir mal über die dreckigen Kabel und ölverschmierten Maschinen und suchen die von ihnen gewünschten Teile auf dem LKW.“ Der Satz zeigte die von mir gewünschte Wirkung bei den Beamten.
 
Der noch sitzende Beamte warf einen Blick aus dem Fenster, sah zu seinem Kollegen auf und meinte dann zu meiner Erleichterung: „Herr Kollege, diese Beschau verschieben wir auf Morgen und lassen die Jungs heute mal fahren.“ „Sie haben Recht“ meinte er und schob uns die abgefertigten Papiere über den Tresen. Puh. Mir fiel ein Stein vom Herzen und Ecky verstand das wohl noch nicht so richtig. Dieser Trick funktionierte eigentlich immer. Denn welcher Zollbeamte machte sich schon gern seine schmucke Uniform dreckig.
 
Ich flüsterte zu Ecky; „ Schnapp dir die Papiere und dann aber nichts wie weg hier, bevor die sich das noch anders überlegen.“ Und wieder einmal hatte ich der Firma und vor allen Dingen mir viel Ärger und Geld gespart.
Wir schwangen uns auf unseren Zossen und ab ging die Post Richtung Feierabend. Ecky lenkte den Zug über die Landstrassen nach Allersberg. Dort, beim alten Ohdorfer sollte Feierabend sein.
 
Als Ecky nach Allersberg rein fuhr, musste ich mich doch erst mal orientieren, wo es lang ging. Denn in der Regel kamen wir immer von der Autobahn auf der anderen Seite der Ortschaft rein. Ecky setzte gerade den Blinker nach rechts um quer durch die Ortschaft zu fahren, als ich noch im letzten Augenblick das Schild sah.“ Nach 100m LKW-Verbot“. Und dann viel mir auch wieder ein warum. Mitten in der Ortschaft führte die Strasse nämlich durch ein schmales, sehr schmales und sehr niedriges Tor. Na, das Gesicht von Ecky hätte ich gern gesehen. Vor dem Tor zu stehen und keine Möglichkeit zu wenden zu haben. Dieses Übel blieb ihm erspart, und so kamen wir über die Umgehungsstrasse zum Ohdorfer und zu unserem verdienten Feierabend. Freitag 22 Uhr.
 
Andere waren schon im Wochenende und wir mussten uns noch den ganzen Samstag auf der Bahn rumtreiben. Was soll´s, die Stunden würden wir irgendwann abbummeln. Und ehrlich gesagt, ich wollte es auch nicht anders haben.
Die letzten 500 Km nach Hannover ritten wir in Nullkommanix ab und wir konnten dann am Samstag um 18 Uhr ins Wochenende, oder was davon noch übrig war.
Ach ja, das will ich noch erwähnen. Es waren satte 38 Überstunden in 6 Tagen. Und das für jeden von uns beiden.
 
Der Kommentar von unserem Chef: „ Kein Mensch kann in einer Woche zwei Wochen arbeiten.“ Das konnte auch nur von unserem Chef kommen, dieser Bleistiftartist. Natürlich haben wir die Überstunden bekommen. Wäre ja noch schöner. Und Ecky sollte noch viele Erlebnisse als „Trucker“ haben.
 

                                            

                                                        

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